Claudia Walther

 
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  • COMPASSION Installation von variabler Grösse, 2018

    Detailfotografie Brotkorb
    Die Installation « COMPASSION » wurde 2018 im B74, Raum für Kunst in Luzern gezeigt.

    Ikonisierung des Existenziellen, Text von Edith Arnold zur Ausstellung im B74, Luzern. Luzerner Zeitung 20. Oktober 2018

    Claudia Walther zeigt im neuen Raum für Kunst B74 vergoldete Gegenstände aus dem Alltag. Sie sind für Menschen auf der Flucht existenziell. Die stahlfarbene Türe im Hinterhof der Baselstrasse 74 wirkt derzeit wie der Eingang zu einem Tresor. K25/B74 steht kryptisch darauf. Dahinter befinden sich die vergoldeten Exponate von Claudia Walther. Zu «Innenseite der Aussenwelt» (Ausstellungstitel) gehören Bilder, Objekte, eine Installation. Diese zieht in den Bann: Sie hat etwas seltsam Vertrautes. Gebrauchte Wolldecken hängen in Goldrahmen an einer Wand. Auf den Sockeln davor thronen Brotkorb, Wasserbehälter, Schuhpaare. Der Tisch nebenan ist mit Verbandsmaterial, Fladenbrot und Reis, vollen PET-Flaschen ausgelegt. Die Decke auf dem Boden besteht aus einer zusammengesteppten Wärmefolie. Mit demselben goldenen Material sind die Kinderschuhe ausstaffiert. Wie mit dem Zauberstab hat die Künstlerin auch die Wasserflaschendeckel mit Gold versehen, das angeschnittene Brot, die Medizin. Vom Objekt-Ensemble geht eine wunderliche Ästhetik aus. Zugreifen? Nur in der Not! «Menschen auf der Flucht brauchen Wasser, Nahrung, Wärme», sagt Claudia Walther (62) vor Ort. Inspiriert hätten sie das soziale Werk von Jean Ziegler und die «Rudel»-Installation von Joseph Beuys. Bei dieser «laufen» 24 alte Holzschlitten aus einem VW-Bus heraus, jeder mit einer Wolldecke, einer Taschenlampe und einem Fett-Stück ausgerüstet. Doch hier und jetzt in der zur Galerie umfunktionierten Wohnung will Walther auf ihre Art auf die prekäre Situation hinweisen: «Täglich erhalten wir Bilder von Flüchtlingen. Ich kann mich dieser Realität nicht entziehen.» Die in Luzern lebende Künstlerin reist gerne an Mittelmeerküsten, wo sie Orte von «unglaublicher Schönheit» kennt. Nun ist der Blick aufs Meer getrübt; Fischer sprechen von einem «Gräbermeer». Beispielsweise das Meer vom Strand im südlichen Sizilien aus, auf das ihr «Mare Nostrum»-Bild zurückgeht. Die grossformatige Fotografie zeigt Wasser und Horizont, Ton in Ton. Ins Hellblau hat die Künstlerin temperamentvoll mit «gestischer Malerei» gewirkt: Die Sonnenuntergangs-Farben könnten auch jene von Fleisch und Blut und Gold sein. Gold gilt als Metall der Götter, wegen der Wärme und des Sonnenglanzes als Farbe der Zuversicht. Deshalb geht Claudia Walther grosszügig damit um. Bei weiteren «Fotokunst»-Bildern vergoldet sie Flüsse, die buddhistische Meditations-Höhle «Vulture Peak» in Indien, das Dach über der portugiesischen Kathedrahle «Convento do Carmo», das durch ein Erdbeben zerstört wurde. Anderswo fliegen zwei Bienen vor goldenem Hintergrund: Sie sind für alle Menschen existenziell, 90 Prozent der Pflanzenarten werden von Bienen und anderen Insekten bestäubt. Gleichzeitig ikonisiert Walther ein Pferd, ein Hund, eine Gans – ein Verweis auf den gotischen «Meister Bertram», der die «Erschaffung der Tiere» malte. Jedes Lebewesen ist vollkommen in sich. Einige Bilder von Claudia Walther sind wie Fenster zur Welt. Gleichzeitig eröffnen die Fenster der Galerie B74 den Blick auf die multikulturelle Nachbarschaft im Babelquartier. Und ein Durchgangszentrum für Flüchtlinge liegt gleich über der Reuss im Hirschpark.Tageslicht fällt auf das Gold in der Ausstellung. Claudia Walther lacht. Aus ökonomischen Gründen handle es sich bei allen Exponaten um goldenes oder silbernes Schlagmetall, verrät sie. Nur bei einem Bild habe sie echtes Gold verarbeitet. Aufmerksame Besucher werden es herausfinden.